Auf einer Entdeckungsreise durch Masuren und Ermland (früher: Ostpreußen) hatte ich Frauenburg (heute: Frombork) auf die Reiseroute gesetzt. Zum einen interessierte mich die geografische Nähe zu Preußisch Bahnau (Oblast Kaliningrad, Russland), wo 1906 meine theologische Ausbildungsstätte gegründet wurde, zum anderen das Frische Haff und nicht zuletzt die Wirkungsstätte von Astronom Nikolaus Kopernikus (1473-1543).
Jahrhundertelang hatten Menschen geglaubt, die Sonne drehe sich um die Erde: Kopernikus beschrieb die Erde als Planeten, der sich um die eigene Achse drehe und sich mit anderen Planeten um die Sonne bewege. Die kopernikanische Wende: Nicht mehr die Erde ist das Zentrum des Universums, sondern die Sonne ist im Mittelpunkt und die Planeten umkreisen sie.
Vor dem Dom in Frauenburg, wo Kopernikus als Domherr tätig war, ist in das Kopfsteinpflaster ein Labyrinth eingearbeitet, dessen Mitte ein Fisch ziert: das Erkennungszeichen der frühen Christen. Es symbolisiert, dass Jesus Christus Gottes Sohn, Retter und Herr ist.
Im Christentum kann das Labyrinth als Symbol für den Weg zu Gott und zur eigenen Spiritualität verstanden werden. Dabei wird der Weg zur Mitte als Weg der Umkehr und Erneuerung angesehen. Ein Labyrinth bezeichnet ein System von Linien oder Wegen, das durch zahlreiche Richtungsänderungen ein Abschreiten des Musters zu einem Rätsel macht. Rätsel kann man lösen – Geheimnisse nicht. Ähnlich ist es mit dem christlichen Glauben.
Keinesfalls ist ein Labyrinth ein Irrgarten. Ein Irrgarten hat falsche Wege und Sackgassen. Im Labyrinth kann man sich nicht verirren, sondern wird immer zur Mitte geführt. Somit ist es ein kraftvolles Symbol für die Reise des Glaubens. Auf dem Weg zu oder mit Gott, der der Mittelpunkt des Universums ist. Nein, nicht alle Fragen des Lebens und des Glaubens werden auf dieser Lebens- und Glaubensreise beantwortet (egal, ob rätselhaft oder geheimnisvoll). Wichtig ist: dieser Weg ist kein Irrweg, sondern führt zum Ziel.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihr Leben nicht als Irrgarten erleben, wo man nicht weiß, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. Sondern Ihren Lebensweg mit allen Windungen und Kehren bis zur Mitte, zum Ziel, gelassen an der Hand Gottes gehen können.
Bleiben Sie gesund und behütet.
Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde