Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

13.10.2022

Besuch im Altersheim

Meine Eltern leben beide im Altersheim. Nach Möglichkeit besuche ich sie, wenn ich in meiner alten Heimat bin: Wohnbereich 4 – Demenzstation. Ein Besuch im Altersheim erdet. Meine Mutter kennt mich nicht mehr. Kürzlich fragte sie mich, wer ich denn sei. Als ich ihr meinen Namen nannte, sagte sie: Ich hatte auch einen Burkhard. Es ist emotional sehr bewegend, zu erleben, was sie noch weiß und zuordnen kann, und was nicht.

Ist das Leben ein Kreislauf? Endet es, wie es begann: Kommen wir zahnlos auf die Welt, werden gefüttert und gewickelt und liegen im Gitterbett, dann ist das oft am Ende des Lebens ähnlich. Gebrechlich, vergesslich und schwach, so oder so ähnlich erlebe ich Menschen auf der Demenzstation. Und manchmal erlebe ich mich auch so. Dazu braucht es nur eine heftige Grippe.

In Würde alt werden. Und diese Würde dem Menschen im Alter - mit Demenz oder ohne – zukommen lassen: Die Hand halten. Erinnerungen aus früheren Jahren hervorrufen, erzählen lassen, zuhören, und spüren, wie die Eltern für einen Moment noch einmal jung werden - das Leuchten in ihren Augen entdecken. Selbstgekochtes Pflaumenmus mitbringen, ein Fotoalbum unter dem Arm, um gut gerüstet zu sein für eine gute Stunde wechselseitiges Entertainment. Es war auch schon die Currywurst mit Pommes, die beim Besuch im Altersheim für Freude sorgte.

Auf dem Nachhauseweg, erschöpft und nachdenklich, frage ich mich nach dem Sinn des Lebens. Nein, das Leben ist kein Kreislauf. Nach dem biblischen Verständnis verläuft das Leben linear, auf ein Ziel hin, auf die Ewigkeit zu. Und wiederholt erinnere ich mich an die Frage aus den Psalmen:

Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst und was ein einfacher Mensch, dass du dich um ihn kümmerst?
(Die Bibel. Ps. 8,5)

Der ewige Gott denkt an seine, nicht nur zeitlich, begrenzten Menschen. Für ihn sind wir Staub und wertvoller als Gold zugleich.

Wir freuen uns, wenn Menschen an uns denken. Menschen im Altersheim freuen sich, wenn an sie gedacht wird, z.B. in Form eines Besuchs, der ihnen guttut. So zerbrechlich der Mensch auch ist: Gott nimmt jeden einzelnen wahr. Menschenverachtendes Handeln gibt es genug in dieser Welt. Leider.

Gott gibt dir und mir Würde, in dem er jeden freundlich ansieht, ihm begegnet und sich kümmert. Mir tut es gut zu wissen, dass der ewige Gott an mich zeitlich begrenzten Menschen denkt und um mich weiß. Ich will von ihm lernen und Menschen mit Achtung und Würde begegnen.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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