Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

04.08.2022

Runter vom Gas

So oder so ähnlich lautet derzeit eine Devise unserer Regierung: Runter vom Gas. Bedrängt durch zu starke Energie-Abhängigkeiten folgen Ängste um Knappheit für Industrie und Verbraucher. Es werden Empfehlungen für kaltes Duschen und dicke Socken im Winter ausgesprochen. Verantwortliche und Kunden befinden sich in einem Wechselbad der Gefühle. Ängste machen sich breit und für viele Zeitgenossen ist Holz das neue Klopapier. Für einen Industriestandort, ohne eigene Rohstoffe, ist guter Rat teuer.

In diesem Zusammenhang wird erneut für ein Tempolimit auf der Autobahn plädiert. Auch hier gilt: Runter vom Gas. Die Verkehrssicherheitskampagne Runter vom Gas macht seit 2008, auf ihrer gleichnamigen Webseite, auf die Folgen von überhöhter Geschwindigkeit im Straßenverkehr aufmerksam. Viele Autofahrer fahren bereits langsamer und weniger, um Treibstoff einzusparen. Andere entdecken Licht- und Schattenseiten des 9-Euro-Tickets oder steigen häufiger auf das Fahrrad um.

Den notwendigen Rat Runter vom Gas braucht unsere Gesellschaft derzeit auch in anderer Hinsicht, denn überhöhte Geschwindigkeit gibt es nicht nur im Straßenverkehr. Längst sind Achtsamkeit und Entschleunigung keine Modebegriffe mehr und nicht ausschließlich das Ziel gestresster Manager. Mal ehrlich: Wer ertappt sich nicht dabei im Moment der Ruhe doch noch schnell die neueste Whatsapp-Nachricht zu checken? Ergo: Multi-Tasking und Immer-und-Überall minimieren. Runter vom Gas - leichter gesagt als getan.

Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig die Geschwindigkeit zu erhöhen. Diese Erkenntnis formulierte der indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi schon vor Jahrzehnten und plädierte für Tempo reduzieren und nachdenken: Bin ich eigentlich versöhnt mit mir, mit meinen Mitmenschen und mit Gott? Habe ich Zeit für mich, für andere und für meinen Schöpfer? Was tut meiner Seele gut? Und was will jetzt losgelassen werden, damit eine persönliche Krise vermieden wird?

Gerade für Menschen einer Zivilisation, die uns unaufhörlich zutextet, ist das Reduzieren des Tempos ein Weg, um seelisch gesund zu bleiben. Das löst die Verstopfung der Ohren. Wir hören wieder aufeinander und geben der Begegnung mit Gott eine Chance. Das Leben kann an Bewusstsein gewinnen. Nicht an Fahrt (!) - an Bewusstsein.

Im Alltag die Oase der Ruhe und Entspannung genießen, wo Körper, Geist und Seele wieder in Einklang miteinander kommen - dazu muss man nicht zwingend ins Kloster und auch nicht auf die Mittelmeerinsel. Das tägliche Gebet wirkt oft Wunder: Beten erinnert uns daran, dass wir nicht die Kontrolle haben, und hält uns nahe bei dem, der die Kontrolle hat.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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